Rekombinantes humanes Thyreotropin (rhTSH)
Für die Nachsorgeuntersuchungen
des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms war es bisher erforderlich,
zu bestimmten Zeitpunkten das Schilddrüsenhormon
für drei bis vier Wochen abzusetzen. Nur so konnten
ausreichend hohe Thyreotropinspiegel (TSH-Spiegel) erreicht werden.
Ein ausreichend hoher Thyreotropinspiegel ist zur Durchführung der
Jod-131-Ganzkörperszintigraphie und zur ausreichend sensitiven Bestimmung
des Tumormarkers Thyreoglobulin erforderlich.
Das Absetzen des Schilddrüsenhormons resultiert in einer
ausgeprägten Schilddrüsenunterfunktion, die bei den
meisten Patienten zu Beschwerden wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit,
Verstopfung, Gewichtszunahme, Lidschwellungen, langsamer Herzschlag bis
hin zu völligem Unwohlsein Anlass geben können.
Dies kann in der letzen Woche vor der Untersuchung bis zu Arbeitsunfähigkeit
und damit verbundenem Krankenstand führen.
Zusätzlich ist bekannt, dass diese Phasen der Schilddrüsenunterfunktion
als Risikofaktoren für das Herz- Kreislaufsystem einzustufen sind.
Bei psychisch labilen Menschen kann eine deutliche Verschlechterung der
Symptome beobachtet werden.
Weiters sind andere hormonelle Erkrankungen wie etwa die Zuckerkrankheit
wesentlich schwieriger zu behandeln.
Durch den beim Absetzen der Schilddrüsenhormone über längere
Zeit erhöhten TSH-Spiegel ist nicht auszuschließen, dass während
dieser Phase möglicherweise vorhandene oder bereits bekannte Metastasen
an Volumen zunehmen, dass heißt unter Einfluss eines längerfristig
erhöhten TSH wachsen können.
Um ein ausreichend erhöhtes TSH zu erreichen, steht seit einiger
Zeit rekombinantes TSH (rhTSH) zur Verfügung. Um eine optimale Untersuchungsqualität
zu erzielen wird an manchen Zentren die Schilddrüsenhormontherapie fünf bis sieben
Tage vor der Untersuchung abgesetzt. Eine Schilddrüsenunterfunktion entsteht durch
diesen kurzen Zeitraum ohne Schilddrüsenhormon-Medikament meist nicht.
An zwei aufeinanderfolgenden Tagen wird eine intramuskuläre Injektion von je 0,9 mg rhTSH
(gelöst in 1,2 ml Kochsalzlösung) durchgeführt.
So werden ausreichend hohe TSH-Spiegel erreicht, um die notwendige Diagnostik
(Jod-131-Ganzkörperszintigramm, Bestimmung des Tumormarkers Thyreoglobulin)
durchzuführen.
Die negativen Auswirkungen der Schilddrüsenunterfunktion können
dadurch vermieden werden.
Die nur kurzzeitige TSH-Erhöhung verringert das Risiko allfälliger
negativer tumorbiologischer Effekte (Wachstumsreiz auf Schilddrüsen-
und Tumorgewebe).
Bei Patienten mit Tumorabsiedelungen im Gehirn, kann rhTSH nicht angewandt
werden.
rhTSH ist unter dem Namen Thyrogen® erhältlich.
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